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So hat Jörg Steidinger seinen Porsche 356 aus dem Jahr 1951 noch nie gescheucht: Im Stand jubelt er den 1300ccm-Motor seines Sportwagens auf vermutete 3000/min hoch (damals hatten die Ur-Porsche statt des Drehzahlmessers noch eine Zeituhr mit Handaufzug), läßt die Kupplung schnalzen, reißt bei 46 km/h den zweiten Gang 'rein, wieder schnalzt die Kupplung, Steidinger bleibt bis 72 km/h unbarmherzig auf dem Gas, um dann in den Dritten zu schalten und seinen Porsche in diesem Gang auf 103 km/h zu prügeln. Dieser Emporkömmling ist ein Brezelfenster-Käfer - jawohl, sie haben richtig gelesen. Ein Käfer fordert den Porsche zum direkten Beschleunigungs-Duell heraus - erstmals seit 38 Jahren. Niemand hat bis heute den Käfer zum echten Vergleich gegen den Porsche antreten zu lassen - bis zu jenem Montag, dem 19. Juni 1989, als Motor Klassik dieses blasphemische Vorhaben in die Tat umsetzte, als dem Volkswagen die Chance gegeben wurde, am Sockel des deutschen Sportwagen-Denkmals Porsche zu kratzen. Es geht dabei um den Traum vieler Käfer-Fahrer, es ist der Traum des Underdogs auf der rechten Fahrspur, der einmal auf der Überholspur zum Spurt ansetzen will und prompt den Stärkeren niederringt. Ein unerreichbarer Wunschtraum? Keineswegs: Anfang der 50er Jahre schien die Erfüllung dieser Fantasterei durchaus möglich.
Porsche produzierte seinerzeit den 356 alternativ mit 40 PS starkem 1100er Motor oder mit einem 1300er, der 44 PS bei 4000/min abgibt. Dieser 1,3-Liter schmückte als Typ 506, 506/1 und 506/2 von 1951 bis zum Spetember 1957 das Porsche-Motorenprogramm. Im gleichen Jahr, als Porsche den 356 mit 1300er Maschine vorstellte, gehörte bereits auch eine Firma namens Okrasa (Oettingers Kraftfahrtechnische Spezial-Anstalt) zu den Ausstellern der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt. Diplomingenieur Gerhard Oettinger aus Friedrichsdorf bei Frankfurt hatte die Firma Okrasa 1951 gegündet, nachdem er sich schon seit 1946/47 darum bemühte, dem Käfer auf die Sprünge zu helfen. Und Oettinger verfuhr nach einer ähnlichen Methode wie Porsche, als es darum ging, den luftgekühlten VW-Boxer, der ja auch dem frühen 356 als Motorisierungsgrundlage dient, zu beleben. Die Devise war sowohl bei Porsche als auch bei Oettinger klar: Die gedrosselte Maschine braucht mehr Luft zum Atmen. Porsche konstruierte völlig neue Zylinderköpfe mit V-förmig hängenden Ventilen (anstelle der parallel hängenden Ventile im Käfer - das ermöglichte die Unterbringung größerer Ventilteller (Einlaß 38mm, Auslaß 31mm) und damit auch größerer Ansaugkanäle) und spendierte dem ehemaligen Käfer-Motor neue Nasenkolben. Durch die Vergrößerung der Bohrung von 75 Millimeter des Volkswagen-Käfers auf 80 Millimeter stieg der Porsche-Hubraum auf 1286 ccm. Oettinger dagegen beließ die Ventile des Käfer-Motors an ihrem ursprünglichen Platz und vergrößerte den Tellerdurchmesser so weit wie möglich (Einlaß 33mm, Auslaß 28mm). Um die Gemischzufuhr zu verbessern, sah der junge Ingenieur statt des einen Käfer-Ansaugkanals pro Zylinderkopf deren zwei getrennte vor: Die beiden Zylinder pro Motorseite konnten besser Luft holen, wobei die beiden Solex-Vergaser (gleiches Format wie beim 356) zur optimierten Gemischaufbereitung beitrugen. "Hub ist meine Devise, das bringt Drehmoment", konstatiert Oettinger noch heute, und auch damals verpaßte er den ab 1953 verwendeten 1200er Käfer-Motoren zusätzlich spezielle Okrasa-Kurbelwellen mit Gegengewichten in den stärkeren Kröpfungen. Das brachte eine Verlängerung des Hubs von 64 auf 69,5 Millimeter im Motor-Klassik-Käfer und einen Gesamthubraum von nunmehr 1295 ccm. Oettinger hatte mit dem 45 PS starken Treibsatz ein Aggregat in petto, das den Porsche 1300 das Fürchten lehren konnte ... TSV 1300 taufte Oettinger die 1300er-Version des Okrasa-Tiebwerks. Er hatte mit dem 45 PS starken Treibsatz ein Aggregat in petto, das den Porsche 1300 das Fürchten lehren konnte. Mit dieser Maschine, so die Vermutung der Motor-Klassik-Redaktion, müßte es doch möglich sein, einen zeitgenössischen 1300er Porsche in Sachen Beschleunigungsvermögen zu deklassieren oder ihm zumindest Paroli zu bieten. Besonders pikant machten die geschichtlichen Zusammenhänge die ganze Angelegenheit: Aus der Porsche-Konstruktion VW Käfer mutierten zwei technisch grundsätzlich ähnliche, aber ansonsten völlig verschiedene Automobile. Der eine, Porsche 356, wurde vom Käfer-Entwicklungsteam zum Sportwagen verbessert. Flach und geduckt rollt das bauchige Coupé auf die lange Waldgerade des Hockenheimter Motodroms, bereits zur Beschleunigungsmessung mit dem Peiseler-Rad. Seine füllige Karosserie verdeckt die schmalen 5.00x16 Reifen fast völlig. Aus einigen Blickwinkeln betrachtet scheint es, als ob die Karosserie ohne Räder über der Straße schwebe.
Der andere, der Okrasa-Käfer, wurde von einem, der früher "Frisierer" genannt wurde, auf Porsche-Leistung gebracht. Und jetzt steht dieses hochbeinige Objekt früher Tuning-Künste neben dem flachen Porsche auf der Geraden in Richtung Ostkurve des abgesperrten Hockenheim-Rings, bereit zum Kampf David (Kampfgewicht 730 kg) gegen Goliath (Kampfgewicht 770 kg). Um die beiden Autos schart sich eine Gruppe neugieriger Enthusiasten, darunter ein weißhaariger älterer Herr mit weißem Schnurrbart und freundlichem Lächeln, dessen Gesicht - etwas jünger zwar - Porsche-Begeisterte von vielen zeitgenössischen Porsche-Fotos kennen: Baron Huschke von Hanstein, Pressechef und Hans-Dampf-in-allen-Gassen der Firma Porsche während der 50er und 60er Jahre, ließ sich die Gelgenheit nicht entgehen, zu sehen, wie sich "sein" Auto gegen den Herausforderer aus Wolfsburg behaupten werde. Okrasa-Chef Gerhard Oettinger und sein Schwiegersohn Gert Scholl hingegen betreuen und beobachten "ihren" Käfer, der eigentlich der Firma Kamei gehört (siehe Kasten "So kam es zur Meßfahrt", Seite 20). Es ist so, wie's immer war: Wenn irgendeine Fachzeitschrift ein Oettinger-Produkt in den vergangenen 40 Jahren Leistungs-Messungen unterzog, war anfangs stets ein mißtrauischer Gerhard Oettinger, später dann sein Schwiegersohn Gert Scholl dabei, den Journalisten auf die Finger schauend. Man kann ja nie wissen ... Scholl höchstpersönlich wird dafür sorgen, daß der mit der 45 PS-Maschine zum Kugel-Porsche gewordene Käfer eine gute Figur macht, indem er die Beschleunigungs-Messungen diesmal selbst fährt. Kamei-Chef Uwe Meier-Andrae ist ebenso zu dem denkwürdigen Treffen gekommen, wie Hans-Joachim Klersy, Kamei-Pressemann, Käfer-Kenner und sehr engagiert an der Vorbereitung dieses Beschleunigungs-Festivals beteiligt. Nachdem die Peiseler-Meßräder montiert sind, kann es losgehen, der herausgeforderte Porsche nimmt den Fehdehandschuh auf. Steidinger hat zu Beginn der Messungen allerdings einige Schwierigkeiten: Wenn er die Kupplung kommen läßt, fällt ihm die Drehzahl in den Keller, der erste Meßwert bis zur 30 km/h-Marke ist mißlungen. Mit noch mehr Gas geht es schließlich. Beim Beschleunigen schwant Steidinger und dem auf dem Beifahrersitz die Meßapparatur betreuende Motor Klassik-Rdakteur, daß etwas mit der Porsche-Maschine nicht stimmen kann. Zwar klingt der Vierzylinder im Porsche-Heck ordentlich nach VW-Motor - wie es sich für einen echten frühen 356 gehört - aber das luftgekühlte Aggregat hat Aussetzer, neigt zu Fehlzündungen und patscht in die Vergaser. Der spontane, für Porsche typische, Antritt ist nicht zu spüren. Sie kennen womöglich dieses Gefühl: Sie treten das Gaspedal durch, und sofort zeigt der Motor eine deftige Reaktion, die Sie leicht in die Polster drückt. Es darf sogar ein wenig im Magen kribbeln. Ausnahmslos alle Porsche haben diesen Punch, diesen Antritt. Beim frühen 1100er mit 40 PS ist er ansatzweise da, die 1300er können's etwas besser, bei späteren und stärkeren 356ern kribbelt es ganz ordentlich, und bei den 356-Nachfolgern wird der Antritt zum Hammer, der einen im 930 Turbo beim Einsetzen des Laders mit Gewalt in die Sitze preßt. Unser 1300er schwingt nicht einmal das 44 PS-Hämmerchen - als sei es unter seiner Würde, einen Käfer zu beschämen ... Unser 1300er läßt diesen Punch aber völlig vermissen. Er schwingt nicht einmal das 44 PS-Hämmerchen - ganz so, als sei es unter seiner Würde, einen Käfer zu beschämen. Steidinger ist enttäuscht: "Zu wenig Leistung - der zieht ja nicht einmal die Wurst vom Brot", lautet sein knapper Kommentar. Dennoch freut sich Huscke von Hanstein über das Wiedersehen mit dem alten 356 (von Hanstein kam eigens mit seinem Porsch 928 S4 Nonstop aus Südfrankreich angereist, um rechtzeitig bei der Motor Klassik-Aktion dabeizusein). Als Steidinger seinen Gram über die Konditionsschwäche des 356 überwunden hat und Porsche-Mann von Hanstein eine Runde in seinem 356 anbietet, wird er prompt belohnt: "Kompliment, mein Lieber", so von Hanstein, "bis auf die Leistung ist ihr Wagen prächtig in Schuß. Sie haben mir eine nette Erinnerung an alte Porsche-Zeiten gebracht".
In alten Porsche-Zeiten hatte ein Käfer meist das Nachsehen - und heute, am 19. Juni 1989? Unser Käfer jedenfalls röhrt schon - und wie es scheint siegessicher. Das Peiseler-Rad an seiner Flanke zittert, wenn Oettinger-Mann Scholl aufs Gaspedal tritt. Doch er schindet nicht nur akustisch Eindruck. Auch sein Äußeres läßt erkennen, daß es ihm Ernst ist: Vor dem Bug präsentiert er die große Alu-Schaufel - den ersten Spoiler der Welt für den Käfer, damals noch mangels neudeutscher Vokabeln Tiefensteuer genannt (siehe Kamei-Kurzhistorie auf Seite 17). Im Innenraum überrascht er mit einer ganzen Sammlung zeitgenössischer Accessoires: Sitzbezüge in Schlangenleder-Imitat, Aschenbecher am Schalthebel, Mittelarmlehne, kleine Plexiglasdreiecke an den Lüftungsöffnungen rechts und links der Windschutzscheibe zur Verbesserung der Lüftungswirkung, Fußstütze, und, und, und .... alles Utensilien aus der zeitgenössischen Kamei-Produktion. Der Motor-Klassiker hat freilich gerade anderes im Kopf. Schließlich geht's jetzt um die Wurst, und seine Aufgabe ist es nun nicht, das Ladevolumen des Kamei-Spezial-Aschenbechers zu testen. Er muß sich um die Peiseler-Elektronik kümmern. Was in den nächsten Sekunden folgt, ist ein geradezu prototypisches Aha-Erlebnis: Scholl hält die Drehzahl des Okrasa-Motors im oberen Drehzahlbereich und läßt die Kupplung abrupt kommen. Aha! Da steckt Dampf dahinter. Ohne großen Drehzahlabfall schießt der Käfer los, hinten brüllt der Motor, mahlt kreischend das Getriebe, das Peiseler-Gerät zeigt 41 km/h, als Scholl in den Zweiten schaltet. Der Käfer hat genau den Punch, der dem zickigen Porsche fehlte. Aha! Da steckt Dampf dahinter. Ohne großen Drehzahlabfall schießt der Käfer brüllend los ... Ganz so zügig wie im Porsche gehen die Schaltvorgänge allerdings hier nicht. Scholl muß Zwischenkuppeln - der Käfer hat (wie es sich für einen richtigen Klassiker gehört) ein unsynchronisiertes Getriebe. Steidingers Porsche dagegen muß bei einem Vorbesitzer einen Getriebetausch erfahren haben - er erlaubt, entgegen dem Originalzustand - automatisch synchronisierte Gangwechsel. Schalten ist kein Geheimnis, man darf es hören, vor allem dann, wenn es um die Zeit geht. Scholl hat den zweiten Gang erstaunlich schnell mit nur leichtem Krachen eingelegt und dreht ihn bis 65 km/h. Der nächste Schaltpunkt kommt bei 103 km/h. "Zweimal täglich Zähneputzen", hat der Zahnarzt gesagt - die VW-Getriebe-Zahnräder vertragen aber auch locker dreimaliges leichtes Krachen beim Schalten. Die Beschleunigungswerte rechtfertigen jedenfalls die etwas ruppigen Schaltvorgänge, Scholl muß sich deshalb nicht entschuldigen. Die mit dem Porsche-Ergebnis nahezu identischen Schaltpunkte zeigen, daß die für die Messung montierten 15-Zoll-Reifen mit geringerem Abrollumfang (die waren erst ab dem 1, Oktober 1952 beim Käfer serienmäßig statt der bis dato üblichen 16-Zöller aufgezogen) keinen großen Einfluß auf die Gesamtübersetzung haben. Denn der Porsche hat die gleichen Gangübersetzungen wie der Käfer. Exakt 20,0 Sekunden zeigen die roten Leuchtdioden des geeichten Meßgeräts als Bestwert aus drei Versuchen an. Vielleicht hätten wir den an sich sehr guten Wert noch auf unter 20 Sekunden drücken können, zumal der Okrasa-Motor auch nach den drei materialmordenden Beschleunigungsversuchen einen durchaus gesunden Eindruck machte. (Wußten sie, daß Oettinger soviel Vertrauen in die Haltbarkeit seiner Produkte hatte, daß er beispielsweise auf die Kurbelwellen eine Garantie von 1000 Betriebsstunden - das entspricht 100 000 Kilometer bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 100 km/h - gab?) Aber unsere Devise lautete, lieber einen mäßigen Wert heimzufahren, als einen Wagen mit Motorschaden abtransportieren zu müssen. Als Scholl bei 40 km/h im Dritten auf's Gas drückt, erschallt von hinten Schlürfen, dumpfes Bollern ... Die Elastizitätsmessungen (Beschleunigung ab 40 km/h im dritten bzw. vierten Gang) können wir beim 356 abschreiben. Sobald Steininger das Gaspedal tritt, verschluckt sich die Porsche-Maschine so heftig, daß an eine Messung nicht mehr zu denken ist. Der Käfer trumpft in dieser Disziplin noch einmal groß auf. Als Scholl bei 40 km/h im Dritten auf's Gas drückt, erschallt von hinten Schlürfen, dumpfes Bollern, der Käfer zieht sämig los - das Bollern steigert sich zum kernigen Röhren; bis 80 km/h sind laut Meßgerät gerade 9,7 Sekunden vergangen, 100 km/h erreicht der Käfer nach 17,2 Sekunden. Dieselbe Übung im vierten Gang läuft in beachtlichen 30,2 Sekunden ab. Zeitgenössische Messungen attestieren dem Käfer, daß er sich hinter dem Porsche in dieser Disziplin nicht versteclen muß: Für die Beschleunigung von 50 km/h bis 80 km/h benötigte der Porsche 356 anno 1951 genau 7,6 Sekunden. Der Motor Klassik-Käfer war 0,6 Sekunden schneller auf 80: Sieben Sekunden benötigte er. Die Umstehenden freuen sich sogar über die guten Resultate des Käfers. Sogar Gerhard Oettinger ist zufrieden - und das, obwohl er früher bessere Resultate erzielt hat: "Wir haben für den TSV 1300 seinerzeit 18 Sekunden bei der Beschleunigung auf 100 km/h ermittelt", erzählt die Nummer eins unter den ernsthaften VW-Tunern Deutschlands, als auch er alte Erinnerungen bei einer kurzen Fahrt mit dem Käfer auffrischt. Und Kamei-Chef Meier-Andrae kann sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er den Anteil des Kamei-Tiefensteuers an den haarsträubenden Meßwerten von heute hervorhebt. Jörg Steidinger hingegen müssen wir trösten. Er empfindet es als persönliche Schande, daß sein 356 die Porsche-Ehre gegenüber dem Käfer wegen des plötzlichen Schwächeanfalls nicht verteidigen konnte. Allerdings steht ohnehin noch eine Leistungsmessung für die beiden Kontrahenten auf dem Programm. Dort haben wir die Chance, den Fehler zu finden und eventuell zu beheben. Unser Ziel ist deshalb der Bosch-Dienst Vögeli & Sohn in Speyer. Vögeli hat Erfahrung mit Klassikern, in der Werkstatt steht ein alter Aston Martin Volante, der Junior-Chef bastelt noch nach Feierabend und an Wochenenden noch an Oldies - hier sind wir richtig. Alle Beteiligten warten gespannt auf die Leistungsmessungen auf dem Rollenprüfstand. Die Meßkurve für den Porsche illustriert dann, was zu hören ist: Der Porsche-Boxer, der normalerweise in bester Tonlage singt, hat Schwierigkeiten mit seiner Partitur, er stottert und benimmt sich reichlich ungehobelt, analog dazu gibt es Zacken in der Leistungskurve. Der Porsche-Boxer hat Schwierigkeiten mit seiner Partitur, er stottert, nimmt sich ungehobelt ... Die Auswertung der Leistungskurven (Luftdruck- und Temperatur-Korrekturfaktoren müssen eingearbeitet werden, die separat gemessenen Reibungs-Verluste müssen zum eigentlichen Wert addiert werden) macht deutlich, was dem Porsche fehlt: acht PS. Was kann den Leistungsmangel hervorrufen? Die Vögeli-Mechaniker arbeiten fieberhaft daran, den Fehler zu finden. Der Zündungs-Kondensator ist defekt, zur Vorsicht bekommt der Zündverteiler neue Kontakte. Schließwinkel, Zündzeitpunkt und das Gemisch stellt der Mechaniker ein. Jetzt muß der Rollenprüfstand zeigen, ob der Leistungsverlust lediglich von verschobener Motor-Einstellung herrührte. Als Vögeli die Maschine auf der Rolle hochjubelt, wird allen nach wenigen Sekunden klar, daß es nur an der Einstellung der Maschine nicht gelegen haben kann. Stotternd quält sich der Porsche-Motor auf Drehzahl, die Meßnadel zittert erbärmlich übers Millimeterpapier: wieder nur 36 PS. Die Untersuchung, ob der Mangel an Temperament an der Zündspule liegt, ob eine andere Vergaserdüsen-Bestückung Abhilfe schaffen könnte, würde zuviel Zeit in Anspruch nehmen. Stattdessen kommt der Käfer auf die Rolle. Er bellt, daß es eine Freude ist; die unwuchtigen Hinterräder - jetzt wieder in Original-Format 5.00x16, wie beim Porsche - bringen die Meßnadel zum Zittern, die Leistungskurve zieht erfreulich nach oben: 46 PS - alle Achtung. Niemand wundert sich mehr über die guten Fahrleistungen des Käfers. Die Frage ist nur: Hätte der Käfer den Porsche auch besiegen können, wenn der Motor des Zuffenhausener Sportwagens einwandfrei gelaufen wäre? Der Blick auf die zeitgenössischen Meßwerte hilft zunächst weiter: "Das Auto + Motor und Sport" (Heft 16/1951) gibt für den Sprint des 356 vom Stand auf 100 km/h einen Wert von 19 Sekunden an. Verglichen mit den von Motor Klassik gemessenen 20 Sekunden für den Tuning-Käfer, hätte der Porsche die Nase vorn. Doch mit dem seinerzeit von Oettinger ermittelten Wert von 18 Sekunden verschiebt sich das Bild wieder zugunsten des Käfers. Bei Ampelstarts oder Steigungen hatten die 356 gegenüber dem Okrasa-Käfer jedenfalls das Nachsehen ... Dafür holt der Porsche "obenherum" wieder auf. Wenn es um die Höchstgeschwindigkeit geht, zieht der Käfer aufgrund seiner schlechteren Aerodynamik - ungünstigerer Cw-Wert und größere Querschnittsfläche - den Kürzeren. Zeitgenössischen Messungen zufolge beträgt der Unterschied in den Höchstgeschwindigkeiten rund 27 km/h zugunsten des Porsche (Okrasa-Käfer: 128 km/h, Porsche 356: 155km/h (!)). Abgesehen von solchen akademischen Betrachtungen ist es bewundernswert, was Tuning-Altmeister Oettinger damals auf die Straße schickte: Die komplette Okrasa-Anlage TSV 1300 kostete 1954 exakt 935 Mark inklusive Einbau. Diese Summe zum Preis des derzeit billigsten Käfer (3950 Mark) addiert, ergibt 4885 Mark. Für einen Porsche 356 mit 1300er Maschine und möglicherweise etwas dürftigerem Temperament (aber damals als "sensationell" eingestuften Fahreigenschaften) waren 9980 Mark plus Materialzuschlag fällig - also mehr als das Doppelte. Bei Ampelstarts oder an Steigungen hatten die Porsche 356 gegenüber dem Okrasa-Käfer jedenfalls das Nachsehen - in Sachen Vorwärtsdrang genauso wie akustisch. Denn während der Porsche mit dezent gedämpften Käfer-Sound versucht, Anschluß zu halten, röhrt der Okrasa-Volkswagen mit gierig schlürfenden Solex-Vergasern vorneweg - ein ungleiches Duell, doch ungleich anders als zunächst vermutet: Modell-Athlet kontra Muskel-Paket - wer kann's dem 356er verdenken, daß er unter diesen Umständen schlicht verweigerte ...?
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